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Document 52018IP0216

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 29. Mai 2018 zum EU-Justizbarometer 2017 (2018/2009(INI))

ABl. C 76 vom 9.3.2020, p. 36–41 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

9.3.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 76/36


P8_TA(2018)0216

EU-Justizbarometer 2017

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 29. Mai 2018 zum EU-Justizbarometer 2017 (2018/2009(INI))

(2020/C 76/05)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf die Artikel 2, 6 und 7,

unter Hinweis auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 70, 85, 86, 258, 259 und 260,

unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

unter Hinweis auf seine einschlägigen Entschließungen zu Fragen der Rechtsstaatlichkeit und der Justiz,

unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen vom 10. April 2017 mit dem Titel „EU-Justizbarometer 2017“ (COM(2017)0167),

unter Hinweis auf die Studie der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission mit dem Titel „The judicial system and economic development across EU Member States“ (Die Justizsysteme und die Wirtschaftsentwicklung in den Mitgliedstaaten der EU) (1) von 2017,

unter Hinweis auf die Erhebung des US Chamber Institute for Legal Reform mit dem Titel „The Growth of Collective Redress in the EU“ (Zunahme kollektiver Rechtsbehelfsmechanismen in der EU) (2) von 2017,

unter Hinweis auf die Gender-Statistik-Datenbank des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) (3),

unter Hinweis auf die Berichte der Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht (Venedig-Kommission), insbesondere ihre Liste der Kriterien der Rechtsstaatlichkeit (4),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. März 2014 zur Bewertung der Justiz in Bezug auf die Strafjustiz und die Rechtsstaatlichkeit (5),

unter Hinweis auf die durch das Unternehmen Milieu im Jahr 2011 ausgearbeitete Vergleichsstudie zum Zugang zu Justiz in Bezug auf die rechtlichen Bestimmungen über die Gleichstellung der Geschlechter und gegen Diskriminierung („Comparative study on access to justice in gender equality and anti-discrimination law“) (6),

unter Hinweis auf die Empfehlung des Europarates zur Unabhängigkeit, zur Effizienz und zu den Zuständigkeiten von Richtern („Recommendation on judges: independence, efficiency and responsibilities“) (CM/Rec(2010)12) (7),

unter Hinweis auf die Studie der Fachabteilung Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten mit dem Titel „Mapping the Representation of Women and Men in Legal Professions Across the EU“ (Übersicht über den Anteil von Frauen und Männern in Rechtsberufen in der EU) (8) von 2017,

unter Hinweis auf die jährlichen Berichte der Kommission des Europarates für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) zur Bewertung der Wirksamkeit der europäischen Justizsysteme (9),

gestützt auf Artikel 52 seiner Geschäftsordnung,

unter Hinweis auf den Bericht des Rechtsausschusseses sowie die Stellungnahme des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A8-0161/2018),

A.

in der Erwägung, dass unabhängige, effiziente und hochwertige Justizsysteme für die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit, die Fairness von Gerichtsverfahren und das Vertrauen der Bürger und Unternehmen in die Rechtsordnung unverzichtbar sind, zumal durch sie dafür gesorgt wird, dass Privatpersonen und Unternehmen ihre Rechte auch tatsächlich umfassend in Anspruch nehmen können; in der Erwägung, dass effiziente Justizsysteme und die richterliche Unabhängigkeit untrennbar miteinander verbunden sind und dass so das Wirtschaftswachstum gefördert wird, die Grundrechte verteidigt werden und die ordnungsgemäße Anwendung des Unionsrechts unterstützt wird; in der Erwägung, dass die Justiz einen Wert an sich darstellt, insbesondere in Bezug auf den Zugang der Bürger zur Justiz und die Achtung der Anforderungen an ein faires Verfahren;

B.

in der Erwägung, dass die Kommission das EU-Justizbarometer für das Jahr 2017 vorgelegt hat, bei dem es sich um ein vergleichendes, nicht bindendes Informationsinstrument handelt, mit dem hauptsächlich die Effizienz, Unabhängigkeit und Qualität der nationalen Justizsysteme bewertet werden und das auf die Ermittlung von Mängeln, bewährten Verfahren und Fortschritten und die Verbesserung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Bereich Justiz abzielt und schwerpunktmäßig die Parameter der Justiz erfasst, die zur Verbesserung des Geschäfts-, Investitions- und Verbraucherklimas in der Union beitragen;

C.

in der Erwägung, dass in der fünften Ausgabe des EU-Justizbarometers insbesondere Aspekte des Zugangs der Öffentlichkeit zu Gerichtsverfahren und der Unabhängigkeit der Justiz aus Bürger- und Unternehmensperspektive, der derzeitigen Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) im Rahmen der Justizsysteme und der Funktionsweise der nationalen Justizsysteme in bestimmten Bereichen, die für den Binnenmarkt und die Wirtschaft von Belang sind, analysiert werden, und gleichzeitig ein erster Gesamtüberblick über die Funktionsweise der nationalen Justizsysteme in Bezug auf die Durchsetzung der Rechtsvorschriften der EU zur Bekämpfung der Geldwäsche gegeben wird;

D.

in der Erwägung, dass das EU-Justizbarometer 2017 keine Gesamtrangliste der nationalen Justizsysteme enthält und auch nicht vorgesehen ist, bestimmte Systeme im Vergleich zu anderen besonders hervorzuheben;

E.

in der Erwägung, dass das Justizbarometer vielmehr als nützliches Handbuch dienen sollte, das einen Überblick über bewährte Verfahren gibt, die die Mitgliedstaaten im Bereich der Zivil-, Handels- und Verwaltungsjustiz anwenden können;

F.

in der Erwägung, dass für einige Mitgliedstaaten zahlreiche Daten immer noch nicht verfügbar sind und dass zwischen den Daten einiger Mitgliedstaaten Diskrepanzen bestehen, was die Quantität und die Spezifität angeht;

G.

in der Erwägung, dass der Schwerpunkt des EU-Justizbarometers 2017 auf der Zivil-, Handels- und Verwaltungsjustiz liegt, allerdings auch ein erster Überblick gegeben wird, wie im Rahmen der nationalen Systeme bei der Anwendung von EU-Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche in Strafsachen vorgegangen wird;

H.

in der Erwägung, dass dieser nicht bindende Vergleich mit dem Vorteil einhergeht, dass sowohl positive als auch negative Entwicklungen ermittelt werden können und dass er ein EU-weites Forum für kollegiales Lernen und den Austausch bewährter Verfahren im Hinblick auf die Förderung und Gewährleistung der Rechtsstaatlichkeit bietet;

I.

in der Erwägung, dass die nutzerfreundliche Bereitstellung von Informationen über das Justizsystem eine Voraussetzung für den Zugang zur Justiz ist;

J.

in der Erwägung, dass dafür gesorgt werden muss, dass die Justizsysteme für die neuen Herausforderungen der EU gerüstet sind;

Allgemeine Bemerkungen

1.

betont, dass durch die Justiz die Rechtsstaatlichkeit in der Gesellschaft gestärkt und das Recht jedes Einzelnen auf ein faires Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht gewahrt wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass bei jeder Justizreform die Rechtsstaatlichkeit und die Standards der EU für die richterliche Unabhängigkeit gewahrt bleiben; legt der Kommission in diesem Zusammenhang nahe, im Rahmen des Europäischen Semesters, für das unter anderem Informationen aus dem EU-Justizbarometer herangezogen werden, auch künftig die Justizreformen in den Mitgliedstaaten zu überwachen; fordert die Kommission ferner auf, neue Kriterien aufzustellen, anhand deren besser bewertet werden kann, inwiefern die Justizsysteme der Rechtsstaatlichkeit Rechnung tragen, und dafür insbesondere die von der Venedig-Kommission ausgearbeitete Liste der Kriterien der Rechtsstaatlichkeit heranzuziehen;

2.

fordert die Kommission auf, präzisere Daten über den Umgang mit Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit und Angriffen auf die Grundrechte, darunter Korruption, Diskriminierung und die Verletzung der Privatsphäre, der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit und der Freiheit der Meinungsäußerung sowie der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, zu erheben;

3.

weist auf die Forderung in seiner Entschließung vom 25. Oktober 2016 zu einem EU-Mechanismus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte hin, und fordert die Kommission erneut auf, einen Vorschlag für den Abschluss eines EU-Paktes für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte vorzulegen; fordert die Kommission auf, bestehende Berichte, einschließlich des Justizbarometers, bis zur Einführung des Pakts für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte zu bündeln;

4.

nimmt das EU-Justizbarometer 2017 mit großem Interesse zur Kenntnis und fordert die Kommission auf, dieses Verfahren entsprechend den Verträgen und im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten weiter zu fördern;

5.

betont, dass mit der Ausarbeitung eines separaten Justizbarometers für Strafsachen ein grundlegender Beitrag zu einem einheitlichen Verständnis der Rechtsvorschriften der EU im Bereich Strafrecht bei Richtern und Staatsanwälten geleistet wird, was auch zu größerem gegenseitigen Vertrauen führen wird;

6.

fordert die Kommission auf, die Korruptionsbekämpfung zu berücksichtigen, und ist der Auffassung, dass der Aufnahme dieses Themas in das Justizbarometer Priorität eingeräumt werden muss;

7.

unterstützt das Ziel dieses Austauschs und betont, dass mit einem unabhängigen, effizienten und hochwertigen Justizsystem Anreize für Unternehmen entstehen könnten, national und grenzüberschreitend zu expandieren und zu investieren, und dass damit gleichzeitig für den Schutz der Grundrechte der Bürger und die Durchsetzung der Rechte der Verbraucher und der Arbeitnehmer gesorgt werden kann, womit sich deren Beitrag zur Wirtschaft enorm steigern würde;

8.

stellt fest, dass die vergleichende Bewertung der Justizsysteme für das gegenseitige Vertrauen in Bezug auf grenzübergreifende Belange, für die effektive Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden sowie für die Schaffung eines gemeinsamen Rechtsraums und den Aufbau einer europäischen Justizkultur von Bedeutung ist; fordert die Kommission daher auf, weitere konkrete Indikatoren zur Bewertung der Achtung der Werte der EU in der Praxis, etwa der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Grundrechte, zu entwickeln;

9.

ist der Ansicht, dass ein solcher Vergleich auf objektiven Kriterien und Nachweisen beruhen muss, die sorgfältig erfasst, verglichen und analysiert werden, und dass dabei der einschlägige konstitutionelle und rechtliche Rahmen berücksichtigt werden muss; betont, dass unbedingt dafür gesorgt werden muss, dass bei der unparteiischen Bewertung der Justizsysteme alle Mitgliedstaaten gleichbehandelt werden;

10.

begrüßt die Bemühungen der Kommission, zum ersten Mal bestimmte Aspekte der Strafjustiz im Bereich Geldwäsche zu evaluieren, und empfiehlt der Kommission im Hinblick auf das Inkrafttreten der vierten und dann auch der fünften Geldwäscherichtlinie, die Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um zu erreichen, dass die Mitgliedstaaten Daten über die Verfahrensdauer in diesem Bereich bereitstellen;

11.

begrüßt die Bemühungen der Kommission, messbare Daten vorzulegen und konkrete Schlussfolgerungen dahingehend zu ziehen, inwiefern die Mitgliedstaaten die Qualität und Effizienz ihrer Justizsysteme bereits verbessert haben oder künftig noch verbessern könnten, insbesondere hinsichtlich des Status, der Ernennung und der Unabhängigkeit von Richtern sowie des Geschlechterverhältnisses; weist darauf hin, dass die Datenlücke insbesondere bei den Indikatoren für die Effizienz der Justizsysteme immer kleiner wird; bedauert allerdings, dass erneut der Fall aufgetreten ist, dass Mitgliedstaaten für bestimmte Kategorien keine Daten zur Verfügung gestellt haben, obwohl die entsprechenden Daten erhoben werden könnten oder sogar zur Verfügung stehen; fordert die Mitgliedstaaten daher auf, ihre Bemühungen dahingehend, vergleichbare Daten zur Verfügung zu stellen, zu verstärken und umfassend mit der Kommission zusammenzuarbeiten, indem sie die angeforderten Daten bereitstellen; betont, dass die Mitgliedstaaten die Datenlücke weiter verkleinern müssen, damit sie ihre Prioritäten im Hinblick auf effiziente Justizsysteme auch umsetzen können; fordert die Mitgliedstaaten auf, eng mit der Kommission des Europarates für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) und der Kommission zusammenzuarbeiten – und zwar insbesondere im Rahmen der informellen Gruppe der Sachverständigen aus den Ministerien und den Justizsystemen der Mitgliedstaaten –, damit die in einigen Kategorien des Justizbarometers noch bestehenden Datenlücken geschlossen werden können;

12.

fordert die Mitgliedstaaten auf, die Ergebnisse des EU-Justizbarometers 2017 eingehend zu prüfen und zu ermitteln, welches Fazit es zu ziehen gilt, sowie zu bewerten, ob nationale Maßnahmen getroffen werden müssen, um Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die Qualität, die Effizienz und die Unabhängigkeit der nationalen Justizsysteme zu beheben;

13.

nimmt zur Kenntnis, dass viele Mitgliedstaaten nach wie vor Reformanstrengungen unternehmen, um die Leistungsfähigkeit ihres nationalen Justizsystems zu verbessern; begrüßt, dass eine bedeutende Anzahl von Reformen angekündigt wurde, was Prozesskostenhilfe, alternative Verfahren der Streitbeilegung, die Gerichtsspezialisierung und die örtliche Zuständigkeit angeht;

Effizienz

14.

betont, dass effiziente Verfahren im Rahmen angemessener Fristen im Einklang mit Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 47 der Charta der Grundrechte der EU von großer Bedeutung sind; betont ferner, dass in Bezug auf den Verbraucherschutz, das Recht des geistigen Eigentums und das Recht auf den Schutz der Privatsphäre zügige, effiziente Verfahren erforderlich sind; nimmt besorgt zur Kenntnis, dass Verfahren, die diese Bereiche betreffen, in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor zu langwierig sind; weist ferner darauf hin, dass das Vertrauen der Bürger und der Unternehmen in das Justizsystem angesichts vieler unerledigter Altfälle möglicherweise abnimmt und die Rechtssicherheit beeinträchtigt werden könnte, das Vertrauen in die Justiz jedoch den Eckpfeiler der Achtung der Rechtsstaatlichkeit darstellt;

15.

legt den Mitgliedstaaten nahe, in die Verwendung und kontinuierliche Weiterentwicklung von IKT-Instrumenten im Rahmen ihrer Justizsysteme zu investieren, damit sich der Zugang für alle Unionsbürger vereinfacht – insbesondere für Menschen mit Behinderungen und andere schutzbedürftige Gruppen, einschließlich nationaler Minderheiten und/oder Migranten –, die Systeme verständlicher werden und auch einfacher genutzt werden können; betont, dass IKT-Systeme sowohl in Bezug auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden der Mitgliedstaaten als auch auf nationaler Ebene den Vorteil bieten, dass die Kosten für alle beteiligten Interessenträger sinken und sich auch die Effizienz und Qualität der Justizsysteme insgesamt verbessern, etwa durch die elektronische Geltendmachung von Forderungen, die Möglichkeit, Verfahren online zu verfolgen und zu betreiben, und die elektronische Kommunikation zwischen Gerichten und Rechtsanwälten; bedauert, dass das Potenzial der IKT-Systeme bislang nicht in der gesamten EU umfassend ausgeschöpft wird; begrüßt die Transparenz in den meisten Mitgliedstaaten hinsichtlich der Veröffentlichung gerichtlicher Entscheidungen; betont, dass mit der Bereitstellung nutzerfreundlicher Informationen im Internet wesentlich dazu beigetragen wird, dass die Bürger und die Unternehmen Zugang zur Justiz haben; fordert die Mitgliedstaaten auf, alle gerichtlichen Entscheidungen im Internet zu veröffentlichen, da die Bürger und Unternehmen so besser mit dem Justizsystem vertraut werden und das System so transparenter wird; weist ferner darauf hin, dass so auch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung gefördert werden könnte;

16.

betont, dass für Richter mehr und zudem breiter gefächerte Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten angeboten werden müssen, zumal auch dies eine Grundlage für ein effizientes, unabhängiges und unparteiisches Justizsystem darstellt; betont insbesondere, dass Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten in den Bereichen Geschlechterrollen, -normen und -stereotypen, berufsethische Grundsätze, IT-Fertigkeiten, Gerichtsmanagement, Mediation und Kommunikation mit den Parteien und der Presse notwendig sind; betont ferner, dass unbedingt für eine angemessene Ausbildung im EU-Recht und in Bezug auf die verschiedenen Strukturen der EU für die Zusammenarbeit, etwa Eurojust, gesorgt sein muss; weist darauf hin, dass in bestimmten Bereichen des EU-Rechts wie dem Urheberrecht und den Rechtsvorschriften über den Schutz der Privatsphäre nicht nur rechtliches Wissen, sondern auch Kenntnisse über technologische Entwicklungen notwendig sein können; stellt fest, dass sich die Effizienz und die Qualität des Justizsystems durch die Spezialisierung der Richter und der Gerichte zu verbessern scheinen; fordert die Kommission auf, dies im Zuge des Vergleichs im kommenden Jahr eingehender zu prüfen; hebt hervor, dass sich Richter und sonstige Rechtssachverständige kontinuierlich und systematisch weiterbilden müssen, damit das Recht einheitlich und bestmöglich angewendet und effizient durchgesetzt wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, mehr in den Ausbau der Aus- und Fortbildung und der Weiterbildung in den Rechtsberufen, etwa für Richter, zu investieren, und zwar auch in anderen Mitgliedstaaten, damit sich die Betroffenen über ihre Erfahrungen und bewährte Verfahren austauschen können;

17.

legt den Mitgliedstaaten und den Organen der EU nahe, die Weiterentwicklung der Mediation auf Ebene der EU zu unterstützen; fordert die Kommission auf, die Auswirkungen der Mediation im Rahmen der Rechtssysteme der EU systematisch zu bewerten;

Qualität

18.

fordert die Kommission auf, in der Vergleichsstudie des kommenden Jahres zur Zugänglichkeit der Justizsysteme auch kollektive Rechtsbehelfsmechanismen zu berücksichtigen, zumal diese im Hinblick auf den Zugang zur Justiz und eine wirksame Beilegung von Streitigkeiten von wesentlicher Bedeutung sind; erachtet sie als wichtiges Instrument, um den Verbraucher-, Umwelt- und Gesundheitsschutz in der ganzen EU in Bereichen, in denen zahlreiche Antragsteller unmittelbar betroffen sind, zu stärken; ist der Ansicht, dass kollektive Rechtsbehelfsverfahren den Bürgern den Zugang zur Justiz und eine effiziente Streitbeilegung erleichtern und auf diese Weise unverhältnismäßige Hürden, insbesondere für Bürger, die unter der Armutsgrenze leben oder Parteien in Rechtssachen mit grenzübergreifender Dimension sind, aus dem Weg zu räumen;

19.

weist darauf hin, dass in den meisten Mitgliedstaaten von den Parteien zu Beginn eines Gerichtsverfahrens die Zahlung einer Gerichtsgebühr verlangt wird; weist darauf hin, dass die Verfügbarkeit von Prozesskostenhilfe und die Höhe der Gerichtsgebühren einen entscheidenden Einfluss auf den Zugang zur Justiz – also ein in der EU bestehendes Grundrecht – haben, und zwar insbesondere für Bürger, die in Armut leben, und betont, dass Prozesskostenhilfe von Bedeutung ist, wenn es gilt, sicherzustellen, dass auch schwächere Parteien einen gleichberechtigten Zugang zur Justiz haben; betont, dass Prozesskostenhilfe für Verbraucher, die unterhalb der Armutsgrenze leben, nach wie vor ein wesentlicher Ausgleichsfaktor ist; weist darauf hin, dass die Schwierigkeit, Prozesskostenhilfe zu erhalten, besonders abschreckend sein könnte, wenn die Gerichtsgebühren und/oder Prozesskosten einem erheblichen Teil des Streitwerts entsprechen; weist diesbezüglich darauf hin, dass die Prozesskostenhilfe an die in den Mitgliedstaaten geltende Armutsgrenze geknüpft sein sollte; betont, dass die Prozesskosten allgemein weiter gesenkt werden müssen, beispielsweise durch die Verwendung nationaler Portale für den elektronischen Rechtsverkehr; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Informationen im Internet, anhand deren Bürger ermitteln können, ob sie Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben, nutzerfreundlicher zu gestalten und dabei im Internet auch für sehbehinderte Personen zugängliche Informationen bereitzustellen;

20.

fordert die Kommission auf, noch vor dem Abschluss des das kommende Jahr betreffenden Vergleichs einen neuen Indikator einzuführen, anhand dessen bewertet werden kann, inwiefern Angehörige von Gruppen, die möglicherweise benachteiligt oder diskriminiert werden, Zugang zur Justiz haben, damit mögliche Hindernisse ermittelt werden können;

21.

betont, dass den nach wie vor bestehenden Diskrepanzen beim Geschlechterverhältnis und der erheblichen Kluft zwischen den Geschlechtern bei Richtern, insbesondere in den oberen Instanzen/bei den höchstinstanzlichen Gerichten, sowohl auf nationaler Ebene als auch auf der Ebene der EU entgegengewirkt werden muss; nimmt mit Bedauern zur Kenntnis, dass sich der Anteil der weiblichen Berufsrichter in einigen Mitgliedstaaten in letzter Zeit verringert hat;

22.

weist darauf hin, dass in ganz Europa in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter in den Rechtsberufen – und nicht zuletzt beim Zugang zum Richteramt – sowie hinsichtlich der Geschlechterstereotypen, der Transparenz bei Berufungen, der Vereinbarkeit beruflicher und außerberuflicher Pflichten oder auch der Existenz von Mentoring-Verfahren noch viel zu tun bleibt; betont, dass zwischen dem Frauenanteil auf unteren Ebenen des Justizwesens (einschließlich nicht juristisch tätiger Bediensteter) und an höheren Gerichten und bei der Staatsanwaltschaft ein deutliches Missverhältnis besteht; fordert die Mitgliedstaaten auf, sich in ihren Bemühungen im Bereich Hochschulbildung insbesondere auf Frauen in Rechtsberufen zu konzentrieren und auf eine positive Haltung gegenüber Richterinnen hinzuwirken;

23.

erinnert an die gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments und des Rates von 2015 (10), in der es hieß, dass die Mitgliedstaaten bei der Benennung der Kandidaten für die Richterstellen am Gericht des Gerichtshofs der Europäischen Union soweit möglich für eine gleichmäßige Präsenz von Frauen und Männern sorgen sollten, um die Gleichstellung von Frauen und Männern gemäß Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union zu erreichen; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, mit gutem Beispiel voranzugehen;

24.

betont, dass über die Hälfte der Mitgliedstaaten 2015 die Mittel für Ausgaben für das Justizsystem pro Einwohner zwar erhöht hat, die Bereitstellung der Mittel aber nach wie vor an den in der Vergangenheit angefallenen Kosten bemessen wird und nicht am tatsächlichen Arbeitsvolumen oder an der Anzahl der gerichtlichen Ersuchen;

25.

begrüßt, dass in den meisten Mitgliedstaaten inzwischen vermehrt kollektive Rechtsbehelfsmechanismen zur Anwendung kommen, insbesondere auch die Europäische Plattform zur Online-Beilegung von Streitigkeiten für Verbraucher und Händler;

26.

nimmt zur Kenntnis, dass für Ehesachen und für Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung keine Daten vorliegen; legt der Kommission nahe, diese Daten in das EU-Justizbarometer aufzunehmen, wenn sie von den Mitgliedstaaten bereitgestellt werden, wobei dies als Halbzeitziel anvisiert werden könnte, das es nach dem Abschluss der Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung zu erreichen gilt;

Unabhängigkeit

27.

betont, dass die Unabhängigkeit, Qualität und Effizienz ein grundlegendes Element eines wirksamen Justizsystems sind, das wiederum für die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit, faire Gerichtsverfahren und das Vertrauen der Bürger und Unternehmen in die Rechtsordnung von zentraler Bedeutung ist; betont, dass die Unabhängigkeit der Justiz untrennbar mit der Demokratie verbunden ist; erinnert daran, dass ein unabhängiges Justizsystem einerseits davon abhängt, dass vonseiten der Regierungen und der Politik oder von Parteien mit bestimmten wirtschaftlichen Eigeninteressen nicht eingegriffen und kein Druck ausgeübt wird, und andererseits davon, dass der Status und die Stellung von Richtern sowie ihre finanzielle Lage als wirksame Garantien fungieren; stellt fest, dass für ein ausreichendes Maß an Eigenständigkeit gesorgt werden muss, damit die Strafverfolgungsbehörden vor ungebührlicher politischer Einflussnahme geschützt sind; fordert die Kommission daher auf, in das Justizbarometer einen Abschnitt über den Status der Staatsanwaltschaft und deren Eigenständigkeit aufzunehmen; fordert die Kommission auf, die Bewertung der rechtlichen Garantien zum Schutz der richterlichen Unabhängigkeit weiterzuführen, und zwar auch in Zusammenarbeit mit den Netzen der obersten Gerichtshöfe und der Räte für das Justizwesen;

28.

weist darauf hin, dass die Berufung, Bewertung, Versetzung und auch Entlassung von Richtern unabhängig – d. h. nicht nach willkürlichem Ermessen der Exekutive – erfolgen muss und dafür umfassende Mechanismen bestehen müssen;

o

o o

29.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

(1)  http://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/bitstream/JRC104594/jrc104594__2017_the_judicial_system_and_economic_development_ across_eu_member_states.pdf

(2)  http://www.instituteforlegalreform.com/uploads/sites/1/The_Growth_of_Collective_Redress_in_the_EU_A_Survey_of_Developments_in_10_ Member_States_April_2017.pdf

(3)  http://eige.europa.eu/gender-statistics/dgs

(4)  http://www.venice.coe.int/webforms/documents/default.aspx?pdffile=CDL-AD(2016)007-e

(5)  ABl. C 378 vom 9.11.2017, S. 136.

(6)  Milieu Ltd (2011), „Comparative study on access to justice in gender equality and anti-discrimination law“, Synthesebericht, GD Justiz der Europäischen Kommission, Brüssel.

(7)  https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?p=&Ref=CM/Rec(2010)12&Language=lanEnglish&Ver=original&BackColorInternet=C3C3C3&BackColor Intranet=EDB021&BackColorLogged=F5D383&direct=true

(8)  http://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2017/596804/IPOL_STU(2017)596804_EN.pdf

(9)  https://www.coe.int/t/dghl/cooperation/cepej/evaluation/default_en.asp

(10)  ABl. C 436 vom 24.12.2015, S. 1.


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