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Document 22020D2250

Beschluss Nr. 6/2020 des mit dem Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen union und der Europäischen Atomgemeinschaft eingesetzten Gemeinsamen Ausschusses vom 17. Dezember 2020 zur Festlegung der praktischen Arbeitsregelungen für die Ausübung der Rechte der Vertreter der Union nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls zu Irland/Nordirland [2020/2250]

PUB/2020/1062

ABl. L 443 vom 30.12.2020, p. 16–21 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2020/2250/oj

30.12.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 443/16


BESCHLUSS Nr. 6/2020 DES MIT DEM ABKOMMEN ÜBER DEN AUSTRITT DES VEREINIGTEN KÖNIGREICHS GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND AUS DER EUROPÄISCHEN UNION UND DER EUROPÄISCHEN ATOMGEMEINSCHAFT EINGESETZTEN GEMEINSAMEN AUSSCHUSSES

vom 17. Dezember 2020

zur Festlegung der praktischen Arbeitsregelungen für die Ausübung der Rechte der Vertreter der Union nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls zu Irland/Nordirland [2020/2250]

DER GEMEINSAME AUSSCHUSS —

gestützt auf das dem Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügte Protokoll zu Irland/Nordirland, insbesondere auf Artikel 12 Absatz 3 —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand

1.   Mit diesem Beschluss werden die praktischen Arbeitsregelungen für die Ausübung der Rechte der Union durch ihre Vertreter nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls zu Irland/Nordirland (im Folgenden „Protokoll“) festgelegt.

2.   Für die Zwecke dieses Beschlusses bezeichnet der Ausdruck „erfasste Tätigkeiten“ alle Tätigkeiten der Behörden des Vereinigten Königreichs im Zusammenhang mit der Umsetzung und Anwendung von Bestimmungen des Unionsrechts, die durch das Protokoll anwendbar wurden, sowie Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung und Anwendung von Artikel 5 des Protokolls, einschließlich der diesbezüglich gemäß Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls erlassenen Beschlüsse des Gemischten Ausschusses.

Artikel 2

Vertreter der Union

1.   Die Union stellt sicher, dass ihre Vertreter, die die Rechte nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls ausüben, nach Treu und Glauben handeln und eng mit den Behörden des Vereinigten Königreichs zusammenarbeiten, die erfasste Tätigkeiten durchführen, und dass sie mit ihnen in enger Verbindung stehen.

2.   Die Vertreter der Union, die die Rechte nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls ausüben, führen keine Tätigkeiten aus, die nicht im Zusammenhang mit der Ausübung dieser Rechte stehen.

3.   Die Vertreter der Union berücksichtigen bei der Ausübung ihres Rechts auf Anwesenheit die ihnen von den Behörden des Vereinigten Königreichs übermittelten Leitlinien für ihre Sicherheit und die Sicherheit anderer Personen. Sie beachten alle Anforderungen, die von den für die Strafverfolgung zuständigen Behörden des Vereinigten Königreichs rechtmäßig auferlegt wurden, vorbehaltlich der Titel XII und XIII (Artikel 120 und 121) des Dritten Teils des Austrittsabkommens.

4.   Die Union stellt sicher, dass ihre Vertreter Informationen, von denen sie aufgrund der Ausübung der Rechte nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls Kenntnis haben, nur an die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie an die Behörden des Vereinigten Königreichs weitergeben dürfen, es sei denn, sie wurden von dem zuständigen Organ, der zuständigen Einrichtung oder sonstigen Stelle der Union zu einer darüber hinausgehenden Weitergabe ermächtigt.

5.   Vertreter der Union haben das Recht, bei den erfassten Tätigkeiten im Vereinigten Königreich anwesend zu sein, auch an allen Orten, an denen Waren oder Tiere über Häfen oder Flughäfen nach oder aus Nordirland verbracht werden. Vertreter der Union dürfen nur dann Zugang zu den in Artikel 3 Absatz 1 genannten Einrichtungen haben, wenn die Vertreter der Behörden des Vereinigten Königreichs anwesend sind und sie für die Zwecke der Durchführung erfasster Tätigkeiten nutzen oder wenn eine Einrichtung anderweitig zu diesem Zweck operationell sein soll. Vertreter der Union können Vertreter der Behörden des Vereinigten Königreichs begleiten, wenn diese eine der erfassten Tätigkeiten durchführen, auch bei Inspektionen anderer als der im vorstehenden Satz genannten Orte.

6.   Das Vereinigte Königreich erleichtert die Anwesenheit der Vertreter der Union bei der Ausübung der in Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls vorgesehenen Rechte und stellt alle zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Ausstattungen, öffentlichen Dienste und sonstigen Einrichtungen bereit, wie etwa angemessen ausgestattete Arbeitsplätze und angemessene IT-Verbindungen.

7.   Die Archive der Union über Informationen im Zusammenhang mit erfassten Tätigkeiten sind unverletzlich.

8.   Die im Vereinigten Königreich anwesenden Vertreter der Union dürfen nicht daran gehindert werden, sich zum Zwecke der Ausübung der Rechte nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls frei im Vereinigten Königreich zu bewegen.

9.   Bei der Ausübung der Rechte nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls tragen die Vertreter der Union einen Lichtbildausweis, der ihren Namen, ihre Funktion sowie das Organ, die Einrichtung oder die sonstige Stelle der Union, für das bzw. die sie tätig sind, bescheinigt. Die Union stellt solche Ausweise unter Verwendung eines Musters aus, das die Union dem Vereinigten Königreich innerhalb eines Monats nach Inkrafttreten dieses Beschlusses übermittelt.

10.   Bei der Ankunft an den Orten, an denen die Rechte nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls ausgeübt werden, legt der Vertreter der Union den in Absatz 9 genannten Ausweis vor. Vorbehaltlich des Absatzes 3 wird diesem Unionsvertreter, sobald er ordnungsgemäß identifiziert ist, unverzüglich Zugang zu der Einrichtung gewährt.

11.   Die Vertreter der Union sind berechtigt, ohne vorherige Mitteilung oder Genehmigung in das Vereinigte Königreich zu reisen, um die Rechte nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls auszuüben. Sie dürfen mit den von der Union ausgestellten Laissez-Passer in das Vereinigte Königreich reisen.

12.   Die Vertreter der Union im Vereinigten Königreich unterliegen für die Zwecke der Ausübung der Rechte nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls zusammen mit ihren Ehegatten und ihren unterhaltsberechtigten Familienangehörigen keinen Einwanderungsbeschränkungen oder Formalitäten für die Registrierung von Ausländern.

13.   Während der Ausübung der Rechte nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls im Vereinigten Königreich erhalten die Vertreter der Union hinsichtlich der Währungs- oder Devisenregelungen die gleichen Erleichterungen wie Beamte internationaler Organisationen mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich und sind von der nationalen Besteuerung ihrer Gehälter, Löhne und Bezüge, die von der Union oder den Mitgliedstaaten gezahlt werden, befreit. Diese Vorrechte und Befreiungen von der Besteuerung gelten nicht für einen Vertreter der Union, wenn es sich um einen britischen Staatsangehörigen (mit Ausnahme eines britischen Staatsangehörigen, der auch die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Union besitzt und zum Zeitpunkt der Ernennung nicht im Vereinigten Königreich wohnhaft ist) oder um einen ständig im Vereinigten Königreich wohnhaften Vertreter handelt.

14.   Während sie sich zum Zwecke der Ausübung der Rechte nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls im Vereinigten Königreich aufhalten, haben die Vertreter der Union das Recht, ihre Möbel und Gebrauchsgegenstände, einschließlich Kraftfahrzeugen, zollfrei einzuführen und wiederauszuführen.

15.   Die Tätigkeiten der Vertreter der Union im Vereinigten Königreich nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls gelten für die Zwecke von Titel XII und XIII (Artikel 120 und 121) des Dritten Teils des Austrittsabkommens als Tätigkeiten der Union im Sinne des Austrittsabkommens.

Artikel 3

Kontaktstellen

1.   Das Vereinigte Königreich übermittelt der Union eine Liste der Behörden, die die erfassten Tätigkeiten durchführen, und ihrer Einrichtungen.

Das Vereinigte Königreich benennt für jede der im ersten Unterabsatz genannten Behörden eine Kontaktstelle und übermittelt der Union die einschlägigen Kontaktangaben.

2.   Das Vereinigte Königreich teilt der Union zügig jede Änderung der in Absatz 1 Unterabsatz 1 genannten Liste oder jede Änderung einer Kontaktstelle oder der Angaben mit.

3.   Die Union benennt eine Kontaktstelle für die Zwecke des Absatzes 2.

Artikel 4

Modalitäten für die Anforderung von Informationen

1.   Der Vertreter bzw. die Kontaktstelle des Vereinigten Königreichs beantwortet jedes Informationsersuchen zügig und gibt so dem Vertreter der Union ausreichend Zeit, um die Informationen für die Zwecke der Ausübung der Rechte nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls zu bewerten.

2.   Sind die Behörden des Vereinigten Königreichs der Auffassung, dass ein Auskunftsersuchen oder die Relevanz eines solchen Ersuchens nicht klar ist oder dass der Umfang der erbetenen Informationen die Erfüllung eines Ersuchens übermäßig aufwendig machen würde, können sie den Unionsvertreter, der das Ersuchen gestellt hat, bitten, dessen Tragweite zu präzisieren oder einzugrenzen.

3.   Bei der Ausübung der Rechte nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls und unter gebührender Berücksichtigung ihrer in Artikel 2 Absatz 1 dieses Beschlusses genannten Pflichten haben die Vertreter der Union das Recht, Unterlagen und Aufzeichnungen, die im Besitz der Behörden des Vereinigten Königreichs sind und Informationen über die erfassten Tätigkeiten enthalten, zu prüfen und erforderlichenfalls zu kopieren. Die Union schützt diese Informationen gemäß Artikel 2 Absatz 4.

4.   Vertreter der Union können die Behörden des Vereinigten Königreichs, die die erfassten Tätigkeiten durchführen, um sachdienliche Informationen über diese Tätigkeiten ersuchen.

Artikel 5

Elektronischer Zugang zu den einschlägigen Informationssystemen, Datenbanken und Netzen

1.   Auf Ersuchen der Union gewährt das Vereinigte Königreich den Vertretern der Union ständigen und kontinuierlichen elektronischen Zugang in Echtzeit zu den einschlägigen Informationen, die in den Netzen, Informationssystemen und Datenbanken des Vereinigten Königreichs und in den nationalen Modulen der Unionssysteme des Vereinigten Königreichs (im Folgenden: „IT-Systeme“) enthalten sind, die in Anhang 1 aufgeführt sind, soweit dies für die dortigen Vertreter der Union zur Ausübung der Rechte nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls erforderlich ist. Die Union stellt sicher, dass ihre Vertreter diese Informationen gemäß den Absätzen 3 und 4 schützen.

2.   Auf Ersuchen der Union gewährt das Vereinigte Königreich den Vertretern der Union auch elektronischen Zugang zu den einschlägigen Informationen, die in den in Anhang 2 genannten IT-Systemen enthalten sind, soweit dies erforderlich ist, damit die Vertreter der Union ihre Rechte nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls ausüben können. Die Union stellt sicher, dass ihre Vertreter diese Informationen gemäß den Absätzen 3 und 4 schützen.

3.   Der gewährte Zugang, der auch aus der Ferne ausgeübt werden kann, setzt voraus, dass sich Vertreter der Union an die Sicherheitsanforderungen und sonstigen Nutzeranforderungen der einzelnen IT-Systeme halten.

4.   Die Union stellt sicher, dass ihre Vertreter die in den Absätzen 1 und 2 genannten Informationen nur für die Zwecke der Ausübung der Rechte nach Artikel 12 Absatz 2 des Protokolls verwenden dürfen. Die Union stellt sicher, dass ihre Vertreter Informationen, zu denen sie nach Absatz 1 und 2 Zugang erhalten haben, nur an die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie an die Behörden des Vereinigten Königreichs weitergeben, es sei denn, sie wurden von den Zollbehörden des Vereinigten Königreichs und dem zuständigen Organ, der zuständigen Einrichtung oder sonstigen Stelle der Union zu einer darüber hinausgehenden Weitergabe ermächtigt. Die Zollbehörden des Vereinigten Königreichs dürfen diese Ermächtigung nur in hinreichend begründeten Fällen verweigern.

5.   Das Vereinigte Königreich teilt der Union rechtzeitig vor dem Wirksamwerden jede Änderung des Vorhandenseins, des Umfangs oder des Betriebs der in den Anhängen 1 und 2 aufgeführten IT-Systeme mit.

Artikel 6

Modalitäten für die Beantragung von Kontrollmaßnahmen

1.   Vertreter der Union können in Einzelfällen sowohl mündlich als auch schriftlich Kontrollmaßnahmen beantragen. In solchen Anträgen sind die Gründe für die Beantragung der konkreten Kontrollmaßnahme ordnungsgemäß anzugeben. Ersuchen sind normalerweise an die Kontaktperson der zuständigen Behörde des Vereinigten Königreichs zu richten, mündliche Anfragen können jedoch auch an einen anderen Vertreter der Behörden des Vereinigten Königreichs gerichtet werden.

2.   Die Behörden des Vereinigten Königreichs führen die beantragte Kontrollmaßnahme zügig durch.

3.   Sind die Behörden des Vereinigten Königreichs der Auffassung, dass die von den Vertretern der Union für ihren Antrag angegebenen Gründe unzureichend oder unklar sind, können die Behörden des Vereinigten Königreichs die Vertreter der Union auffordern, ihre Gründe näher zu präzisieren oder zu erläutern.

Artikel 7

Der Gemeinsame Ausschuss überprüft diesen Beschluss spätestens drei Jahre nach seinem Inkrafttreten und auf Antrag der Union oder des Vereinigten Königreichs.

Artikel 8

Inkrafttreten

Dieser Beschluss tritt am 1. Januar 2021 in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 17. Dezember 2020.

Im Namen des Gemeinsamen Ausschusses

Der gemeinsame Vorsitz

Maroš ŠEFČOVIČ

Michael GOVE


ANHANG 1

IT-Systeme mit Informationen, die für die Umsetzung der in Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 des Protokolls und in Artikel 5 Absatz 1 und 2 des Protokolls genannten Rechtsvorschriften der Union erforderlich sind

Zollanmeldungsdienst (Customs Declarations Service — CDS), einschließlich Risikoprofilen und Informationen über Gestellung und vorübergehende Verwahrung der Waren, sofern verfügbar

Dienst zur Beförderung von Lastkraftwagen (Goods Vehicle Movement Service — GVMS)

Frachtinformationssystem (Freight Targeting System), einschließlich Informationen, die auf alternative Weise im Zusammenhang mit der Erklärung des Vereinigten Königreichs zu Ausfuhranmeldungen erhoben werden

Nationaler Bereich des nordirischen Einfuhrkontrollsystems (Import Control System — ICS), einschließlich Risikoprofilen

Nationaler Bereich des nordirischen Neuen EDV-gestützten Versandverfahrens (New Computerised Transit System — NCTS)

Andere Systeme, die von den Behörden des Vereinigten Königreichs zur Durchführung des Artikels 5 Absätze 2 und 4 und des Artikels 6 Absatz 1 des Protokolls verwendet werden, einschließlich Informationen über Genehmigungen (UZK und im Hinblick auf das Protokoll relevante Genehmigungen und Beschlüsse).


ANHANG 2

Sonstige IT-Systeme mit Informationen, die für die Durchführung der erfassten Tätigkeiten erforderlich sind

System zur Kontrolle der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren (Excise Movement and Control System — EMCS) für den nationalen Bereich

Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem (MIAS) für den nationalen Bereich und jede unmittelbar relevante Datenbank des Vereinigten Königreichs zwecks Abfrage von Registrierungsdaten nordirischer Händler und der von nordirischen Händlern an die Steuerverwaltung des Vereinigten Königreichs übermittelten Informationen über steuerbare Umsätze im Hinblick auf Vorgänge des unionsinternen Erwerbs von Waren in Nordirland, die von nordirischen Händlern gemeldet werden müssen.

Einzige Anlaufstelle für den nationalen Bereich (Einfuhr) ((Import) One Stop Shop — IOSS und OSS)

Mehrwertsteuererstattung für den nationalen Bereich


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